Die selbstgesteuerte Insolvenz

Die Insolvenz als Chance für Selbständige

„Fortführung und Sanierung von Unternehmen haben Vorrang vor der Liquidierung“ sofern es eine Aussicht auf Erfolg gibt. Vorläufige Insolvenzverwalter erhalten bessere Möglichkeiten, um die Betriebsmittel eines Unternehmens zusammenzuhalten. Wir fördern die Eigeninitiative, indem wir dem Schuldner Anreize geben, trotz der Insolvenz eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen …“ (Zitat der früheren Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zum Kernanliegen über die Reform der Insolvenzordnung im Jahr 2007).

Mit jedem neuen Gesetz verfolgen unsere Volksvertreter ein klares Ziel. Die wirtschaftliche Sanierung von Unternehmen und – erstmals – auch die wirtschaftliche Sanierung von natürlichen Personen unter Berücksichtigung der berechtigen Gläubigerinteressen – ist das politische Ziel der deutschen Insolvenzordnung.

§ 1 InsO – Ziele des Insolvenzverfahrens

Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

Mit der Reform der Insolvenzordnung im Jahr 2007 wurde dieses Ziel nochmals bekräftigt und der Erhalt von Unternehmen und die Optionen für Selbständige im Insolvenzverfahren nochmals gestärkt.

Die Praxis zeigt, dass abseits von öffentlichen Interessen aber nach wie vor das Prinzip „Herr des Verfahrens“ gilt. Der Insolvenzverwalter bestimmt weitgehend den Ablauf eines Insolvenzverfahrens.

Grund hierfür ist einerseits die mangelnde Information vieler Selbständigen bzw. der Geschäftsführer von kleinen und mittleren Unternehmen aber auch der mitbetroffenen Gläubiger über die Optionen zur Sanierung von Unternehmen durch ein Insolvenzverfahren und anderseits die nach wie vor dominierende Zerschlagungsmentalität vieler Insolvenzverwalter.

Dabei sieht die Insolvenzordnung insbesondere für natürliche Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben und diese im Insolvenzverfahren weiterführen wollen, eine optimale Lösung vor.

Es kommt vielmehr auf die richtige Insolvenzstrategie an.

Wie lässt sich ein Insolvenzverfahren möglichst sinnvoll gestalten und welche Gestaltungs- und Steuerungsmöglichkeiten haben Selbständige und Unternehmen?

Die wichtigsten Optionen beschreibt dieses Kapitel. Ganz gleich welche Insolvenzstrategie gefahren wird, die Weichen sollten bereits frühzeitig und im Vorfeld eines Insolvenzantrags gestellt werden.

1. Option: Die Liquidation und Abwicklung

Ziel: Einstellung der Selbständigkeit bzw. Liquidierung des Unternehmens

2. Option: Die Weiterführung nach Freigabe (§ 35 Abs. 2 InsO)

Ziel: Das zukünftige Vermögen (die Einnahmen) aus einer bestehenden Selbständigkeit wird aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben. Der Insolvenzschuldner verwaltet sein Unternehmen eigenständig, haftet jedoch für alle neuen Verbindlichkeiten aus der selbständigen Tätigkeit. Möglich bei natürlichen Personen mit einer „kleinen“ Selbständigkeit.

3. Option: Weiterführung ohne Freigabe

Ziel: Der Insolvenzverwalter führt das Unternehmen (ggf. Zusammen mit dem Insolvenzschuldner) weiter. Die Insolvenzmasse haftet dabei für neue Verbindlichkeiten aus.

4. Option: Das Insolvenzplanverfahren

Ziel: Es wird ein Sanierungsplan erstellt, über den die Insolvenzgläubiger in Gruppen im eröffneten Insolvenzverfahren abstimmen. Mit Annahme des Insolvenzplans kann das Insolvenzverfahren wieder eingestellt werden.

5. Option: Die Eigenverwaltung

Ziel: Die Eigenverwaltung durch den Insolvenzverschuldner mit Hilfe eines Sachverwalters. Diese Regelung kommt jedoch bei kleinen Unternehmen bislang kaum zum tragen.

6. Option: Der sogenannte Restart

Ziel: Die erneute Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch den Insolvenzschuldner im eröffneten Insolvenzverfahren oder in der sogenannten Wohlverhaltensphase des Restschuldbefreiungsverfahren. Dabei ist vorrangig auf die Freigabeerklären im eröffneten Insolvenzverfahren gem. § 35 Abs. 2 InsO und die Abführungspflicht gem. § 295 Abs. 5 InsO hinzuwirken.

7. Option: Die Restschuldbefreiung

Ziel: Die Entschuldung natürlicher Personen nach durchlaufen des 3jährigen Restschuldbefreiungsverfahrens.

Mit einem strategischen Insolvenzantrag kann wertvolle Zeit gewonnen werden, um eine Sanierung im Schutz des Insolvenzverfahrens zu ermöglichen und der sonst drohenden Zwangsvollstreckung und Zerschlagung durch einzelne Gläubiger zuvorzukommen. Das Insolvenzverfahren bietet durch mögliche Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren und dem allgemeinen Vollstreckungsschutz für Insolvenzgläubiger nach Verfahrenseröffnung einen Schutzschild, den man nutzen kann. Oftmals das kleinere Übel!

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